Ich liege noch nicht allzu lange im Bett, als um Mitternacht der Wecker klingelt. Der Rucksack steht schwer bepackt vor der Tür bereit, und Lust auf Kaffee habe ich um diese Zeit noch keine. Während die einen gerade erst in den Ausgang gehen, mache ich mich auf, den Tagesbeginn in der Zentralschweiz zu erleben.
Die Fahrt über die Alpenpässe ist angenehm; nur wenige Autos begegnen mir um diese Stunde. Zum Glück erhellt der Vollmond die Landschaft ein wenig, so wirkt die Nacht nicht monoton und ermüdend. Endlich am Ausgangspunkt angekommen, schultere ich mein Gepäck und stapfe los – hinauf zum See. Das schwere Zeitraffer-Equipment lastet spürbar auf meinen noch müden Beinen. Doch ich halte das Tempo und erreiche früh den Fuss des Gletschers. Menschenleer liegt die Szenerie vor mir, nur ein leichter Wind weht – perfekte Bedingungen. Im Schein der Stirnlampe entdecke ich sogar einige Eisblöcke, die vom Gletscher abgebrochen sind.
Ich baue meine Stative auf, richte das Zeitraffer-Material ein und beginne mit der Programmierung. Kurze Zeit später höre ich Stimmen in der Dunkelheit. Zwei weitere Fotografen haben denselben Plan gefasst und gesellen sich an den See. Erst im ersten Morgenlicht erkenne ich, dass es ein Bekannter von mir ist – zusammen mit seinem Bruder.
Das erste Licht auf den Gipfeln taucht die Landschaft in eine magische Stimmung. Der See liegt spiegelglatt, die Eisstücke haben sich wunderbar angeordnet. Wir entdecken viele spannende Perspektiven, während hinter mir die Zeitraffer-Kamera im Zehn-Sekunden-Takt rattert. Allmählich verschwindet die spiegelnde Oberfläche, und eine dünne Eisschicht überzieht den See. Wenig später erreichen uns die ersten Sonnenstrahlen – eine Wohltat nach dem kühlen Morgen.
Ich packe mein Material zusammen und mache mich auf den Rückweg. Am Auto angekommen, stelle ich fest, dass es mitten in einer Yak-Herde steht – Kühe und Kälber drängen sich dicht um das Fahrzeug. Eine Hinweistafel warnt bereits vor ihnen. Heute brauche ich etwas länger, um überhaupt ins Auto zu steigen und die Heimfahrt anzutreten.