Früh am Morgen besteige ich mit Simon, mit dem ich schon oft in der weiten Welt unterwegs war, das Flugzeug nach Madrid. Unsere lange Reise führt nach Chile und Argentinien, besser gesagt nach Patagonien. Anfangs April beginnt dort der Höhepunkt des Herbst und die Vegetation verfärbt sich intensiv orange bis rot.
Nach einem kurzen Aufenthalt am Madrider Flughafen besteigen wir das Flugzeug nach Santiago de Chile. 14 Stunden Flug liegen vor uns, meine Gedanken kreisen ständig, hoffe das dies keiner dieser Horroflüge wird. Vollgestopfte Flieger beherbergen allerlei Mitfliegende, die man gerne schneller wieder los ist als 14 Stunden auf engstem Raum zu teilen. Gespenstig ist es vor dem Boarding, nur eine Handvoll Personen tummeln sich am Gate. Nun startet das Boarding, die Businessklasse wird gleich übersprungen, etwa zwei dutzend Personen machen sich auf in den Flieger. Die Iberia Airbus A340-600 hat 359 Sitzplätze, einen so leeren Flieger habe ich noch nie erlebt. Ich nehme eine leere Viererreihe mitten im Flieger ein, der Service ist wenig überraschend grandios, noch nie wurde ich so schnell und in übermassen bedient. Ein Film zum einschlafen, vier Decken zum Polstern, wie in der Firstclass ein Bett zum schlafen – unbezahlbar.
Nach zwei Tage Anreise erreichen wir mit unserem Mietfahrzeug Puerto Natales, dem Ausgangspunkt zum Torres del Paine Nationalpark in Chile. Das Wetter ist super schlecht, seit mehreren Wochen regnet es scheinbar ununterbrochen. Die Flüsse und Seeen im Park haben einen sehr hohen Pegel erreicht, vielleicht wird der Park geschlossen wenn es noch mehr regnet. Der Essenseinkauf gestaltet sich mühsam, die Strassen sind völlig mit Wasser überflutet, Äste auf den Strassen, Stromleitungen die herunterhängen und Orkanwind mit Starkregen. Die Motivation für die kommenden Tage ist auf dem Tiefpunkt. So schlechtes Wetter hatte ich noch nirgends. Nach langem hin und her, wer will bei diesem Wetter schon raus, erreichen wir fünf Minuten vor Ladenschluss die Buchungsstelle für den Nationalpark. Wir ergattern gerade noch die letzten Zeltplätze im Campamento Chileno. Der Verkäufer fragt etwas verdutzt, warum wir zwei Nächte dort bleiben wollen. Gemäss unserer Recherche soll das Wetter dann besser werden und warum nicht zwei Nächte um die Chancen bei den Torres del Paine zu erhöhen? Nach einer genialen und herzhaften Pizza (Avocado und Guanaco) legen wir uns schlafen, Ich bin nach dieser Reise total kaputt.
Torres del Paine Nationalpark
Am Morgen geht es nun los in Richtung Park, der Regen ist vorbei aber der Wind hat extreme Kräfte, das Steuerrad des Wagens klammere ich fest, um nicht von einer Böhe von der Strasse abzukommen. Eine ungeteerte Strasse führt von Süden in den Park. Wie schon beim letzten Mal richten wir unser Basislager im überschaulichen Campamento Peohe ein. Trotz sehr stabilem Zelt verzichten wir vorerst darauf es aufzustellen, die Winde reissen alles mit was nicht niet- und nagelfest ist.
Zu Beginn unserer Tour durch den Torres del Paine Nationalpark unternehmen wir nun eine Rekognoszierungstour zum Mirrador Cuernos, der vorne am Lago Nordenskjöld liegt. Hier am Weg hat es unzählige fotogene Motive. Der Seepegel liegt aber so hoch, dass die bekannten schwarzen Strände unter Wasser sind. Dafür hat es überall an Land kleine Pfützen und viel Totholz, dass durch einen Waldbrand entstanden ist. Der Wind ist so heftig, ab und zu gehe ich auf allen Vieren um nicht vom Wind weggetragen zu werden. Die Gicht der Wellen wir bis weit ins Land getragen und so wird man auch ohne Regen ab und zu nass. Man muss ein Auge auf die dauernd neu entstehenden Windhosen haben, sonst hat das unangenehme Konsequenzen.
Wellen am Strand des Lago Nordenskjöld
Letzte Sonnenstrahlen nach dem Sturm
Heute gehen wir früh in den warmen Schlafsack, am nächsten Morgen soll es gegenüber aller Erwartungen windstill und der Himmel klar sein, unsere ersehnte Chance um ein Spiegelbild von den imposanten Cuernos Bergen (Hörner) zu machen.
Mein Wecker klingelt leider an diesem Sonntagmorgen nicht, da die eingestellte Zeitzone (Santiago) heute auf Winterzeit umgestellt hat und mein Mobiltelefon dies automatisch und unbemerkt mitgemacht hat. Zum Glück hat mein Kollege ein analoges Mobiltelefon mit pünktlichem Wecker. Im Stirnlampenlicht laufen wir den Weg, die tausenden Sterne und die Milchstrasse sind noch am Nachthimmel klar ersichtlich. Zur Dämmerung machen wir die ersten Fotos, leider ist es in der ausgesuchten Lagune nicht windstill uns so suche ich mir eine kleine Pfütze als Spiegel. Als das erste Licht die frisch verschneiten Bergkuppen erreicht sind wir sehr zufrieden, einen solch eindrücklichen Moment hier erleben zu dürfen. Nach dem heftigen Regentag zu Beginn haben wir nicht mehr an solches Wetter gedacht.
Am Abend nehme ich es easy und gehe nur kurz runter zum Lago Peohe beim Zeltplatz. Kein Lüftchen ist mehr spürbar und die Seeoberfläche spiegelglatt, was für ein Blick auf die gesamte Bergkette Cordillera de Paine des Nationalparks.
Sterne über dem Lago Pehoe
Blick durch das Totholz auf die Cuernos
Sonnenaufgang am Mirador Cuernos
Panoramasicht auf den Spiegelsee
Dämmerung am See
Es folgt erneut eine regnerische Nacht, so packen wir am frühen Morgen unsere Sachen und fahren zum östlichen Parkteil. Von hier wandern wir zum Campamento Chileno, unser Ausgangspunkt für die nächsten zwei Nächte. Wir nützen ein regenloses Zeitfenster für die zweistündige Wanderung mit Vollgepäck, beladen mit Kameras und vielen warmen Kleidern. Per Zufall kreuzen wir auf dem Weg noch eine Kollegin aus Südafrika, die den mehrtägigen O Treck, einmal rund um den Park, in Angriff nimmt. Heute will das Wetter einfach nicht besser werden und so verbringen wir die Wartezeit im Camp am warmen Ofen. Draussen ist die Landschaft bereits schön farbig, hier hat der Herbst bereits Einzug gehalten. Vor allem die Lenga Südbuch mit dem schwarzen Stamm verfärbt sich besonders schön, bis hin zu tiefroten Farben.
Bei diesem Hudelwetter verkriechen wir uns früh ins Zelt, noch in der Nacht brechen wir aber auf zum Lago Torres. Von dort oben hat man bei gutem Wetter Sicht auf die drei namensgebenden Felstürme (Torres). Das imposante Dreigestirn aus Granitstein besteht aus dem Torre Sur, Torre Central und den Torre Norte und sind zusammen als die Torres del Paine (Türme des blauen Himmels) bekannt. Fast tausend Meter hoch sind die Granittürme, die Gipfel rund 2‘500 M.ü.M. Im Herbst fällt das Morgenlicht direkt auf die östlichen Bergflanken und färbt die Berge tiefrot. Das heute Mögliche treibt uns an, anstatt zwei Stunden mit viel Gepäck haben wir nur 1.5 Stunden und sind viel zu früh oben am Aussichtspunkt. Die Sterne spiegeln sich noch kurz im See bevor das Dämmerungslicht stärker wird. Wir geniessen das Schauspiel als die Sonne die Gipfel erreicht mit vielen anderen Frühaufstehern. Die Türme werden dabei wie gewünscht tiefrot eingefärbt und der ruhige See spiegelt alles. Was für eine Genugtung, vor drei Jahren stand ich genau hier, am Ende des anstrengenden fünftägigen W-Trek und es schneite und windete, die Türme waren nur ab und zu sichtbar. Und nun dieser Anblick.
Magischer Sonnenaufgang mit Reflexion der Torres del Paine
Den Rückweg beschreiten wir mit einem riesen Grinsen auf dem Gesicht. Was für ein Morgen und wir haben noch einen vor uns. Die Nacht soll so klar werden, dass wir noch früher raus wollen. Die Milchstrasse mit den drei Türmen zu beginn der Dämmerung ist das Ziel. Die Nacht ist hier extrem dunkel, fast keine Lichtverschmutzung auszumachen. So laufen wir etwas nach vier Uhr los um wieder pünktlich oben zu sein. Oben angekommen mache ich das erste Testbild der Sterne, ich stelle fest, dass es vor der Milchstrass ein dichte Wolke hat. Ich bin mir unsicher ob mir das Wunschbild jetzt noch gelingen wird. Die Dämmerung hat nun bereits begonnen. Ich bange und beginne trotzdem mit der Aufnahme des Panoramabildes, bestehend aus etwa 30 Bilder in drei Reihen. Und siehe da, die Wolke löst sich auf und macht platz für die Milchstrasse. Ich juble aus meiner erhöhten Position über dem See, unten sind bereits die ersten Frühaufsteher mit Stirnlampen auszumachen – was die sich wohl denken. Nun geniesse ich die Stille bis zum Sonnenaufgang. Langsam ziehen neue Wolken über die Türme, die sich im Morgenlicht pink verfärben, was für eine unglaubliche Bildkomposition. Nun erreicht das erste Licht die Hügel um den See und wir begeben uns runter ins Tal, eine vierstündige Wanderung steht noch vor uns. Geschafft erreichen wir unser Auto. Nun heisst es duschen und relaxen, morgen früh fahren wir nach Argentinien in den Los Glaciares Nationalpark.
Die Milchstrasse über den Torres del Paine
Volle Farben zum Sonnenaufgang
Los Glaciares Nationalpark
Die Fahrt dauert lange, aber da es praktisch windstill ist liegt das Auto gut auf der Strasse. Unterwegs bestaunen wir mer als ein Dutzend Kondore aus nächster Nähe. Auf einer Weide liegt Aas, ein Festmahl für alle Vögel hier. Die Kondore sind dank dem vollen Magen schwer im Abheben, gut für uns zum Beobachten.
Die Grenze nach Argentinien ist heute schnell überquert, um die Mittagszeit macht sich hier keiner die Mühe das Auto wie üblich zu durchsuchen. Sonst nehmen es beide Grenzposten hier sehr genau und entwenden alles nicht erlaubte wie Fleisch, Käse, Samen, Nüsse, Milchprodukte, eigentlich alles was man so zum Essen dabei hat. Es liegen endlose Weiten vor uns, 350km durch ödes Buschland.
Schon von weitem ragt der mächtige Fitz Roy hervor, das Wetter ist perfekt, leider kommen wir erst gegen Abend an und können den Sonnentag nicht so richtig geniessen. Keiner mag heute mehr kochen und so gehen wir wieder mal in einem Restaurant essen, für mich die Gelegenheit ein Stück argentinisches Rindfleisch zu geniessen. Wie üblich sind wir in Argentinien zu beginn noch bargeldlos unterwegs. Es ist gar nicht so einfach hier an Bargeld zu kommen. Zu unserem Glück spuckt dann nach mehreren Versuchen doch noch einer Geld raus. Da die Wirtschaft in diesem Land am Boden ist (Kurs drei mal günstiger als vor drei Jahren!) kostet mich das Menü mit 400gr. Fleisch nur knapp 10 CHF.
Condor in der Luft
Das Wetter verschlechtert sich in der Nacht und von unserem Traum wieder mit dem Zelt los zu ziehen wird nichts. So warten wir fünf Tage ungeduldig im Hostel, bis wir endlich einen Funken Hoffnung auf besseres Wetter haben. Nach dem Mittag geht es los, geplant sind drei Stunden bis zum Campamento Pincenoit, zuvorderst im Angesicht des Fitz Roy. Doch dieser ist immer noch nicht sichtbar, die Sicht wird durch eine dunkle Regenwand versperrt. Genau dieser laufen wir entgegen. Nach einer Stunde mit schwerem Gepäck fängt es an zu winden und regnen. Mein Rucksack-Regenschutz hält dem nicht stand und verabschiedet sich ab und zu, ich fluche laut, die Stimmung war schon besser. Je näher wir unserem Ziel kommen umso heftiger wird es, wir sind regelrecht in den Sturm hineingelaufen. Völlig durchnässt kommen wir endlich am Ziel an, ich stelle das Zelt und ziehe mich um. Nun gehe ich sofort in den warmen Schlafsack, den ich bis am Morgen nicht mehr verlasse. Die Nacht ist ungemütlich, es stürmt immer noch heftig draussen. Die Windböen hört man von weitem im Laub der Bäume anbrausen. Wenn diese nasse Luftmasse Sekunden später das Zelt erreicht, ist es wie jemand einen Kübel Wasser an das Zelt wirft. Zelt top, Wetter leider flop. Als ich am Morgen ab dem Wecker erwache, ist es draussen still, lebe ich noch? Ja, aber es stürmt nicht mehr. Nach kurzer Zeit wage ich mich in die noch nassen Kleider und öffne das Zelt. In der Dämmerung ist die Silhouette der Berge erkennbar und siehe da, zwischen den Nebelschwaden ist der Fitz Roy erkennbar. Das Wetter hat umgestellt. Ich packe meine Sachen und fotografiere von verschiedenen Orten die Morgenstimmung – atemberaubend und windstill.
Roter Blätterwald
Sonnenuntergang am Fluss
Nun heisst es die nassen Sachen zu trocknen. Alles aus dem Zelt holen, windgerecht aufstellen und warten, die Sonne erledigt den Rest. Beim Durchsuchen des Materials entdecke ich Bissspuren an unserem Equipment. Die Mäuse sind hier im Herbst besonders hungrig. Wird es Nacht, kann man die kleinen Nager beobachten, wie sie über das Innenzelt flizzen und nach essbarem suchen. Die Dichtung des Kochtopfs und der neue Exped Rucksack hat es den Mäusen besonders angetan. Zum Glück sind unsere Lebensmittel für sie unerreichbar.
Die Sonne taucht die Landschaft in die schönsten Farben. Endlich hat uns das schöne Wetter wieder erreicht. Heute ist früh Nachtruhe, morgen geht es früh los. Wenn es gut Wetter wird laufe ich in der Nacht zur Laguna Suzia. Der Name der Lagune ist eigentlich übersetzt Drecks-Lagune, jetzt erreicht der Gletscher aber die Lagune nicht mehr und so erscheint diese Azurblau. Um sechs Uhr Morgens krieche ich aus dem Zelt um die Lage zu checken, der Himmel ist wolkenlos, also schnell alles packen und los, um 8:30 Uhr ist Sonnenaufgang. Ich beeile mich auf dem Weg dem Fluss entlang, der gegen Schluss über eine mühsame und steinige Moräne führt. Ein Weg ist nicht sichtbar, ich nutze mein Können in der Orientierung und schlage mich in Rekordtempo hoch zum Abfluss der Lagune. Hier überquere ich den reissenden Fluss, es ist dabei immer noch dunkel. Nun geht es die Gegenmoräne hoch, wo ich weiter oben farbige Bäume und Sträucher vermute. Und als ich unterhalb der Felsen ankomme kann ich im Stirnlampenlicht farbige Vegetation erkennen. Ich suche mir einen geeigneten Baum und beginne mit den Feinabstimmungen des Bildausschnitts. Das erste Bild noch in der Dämmerung gefällt mir sehr gut, der rötliche Granit des Fitz Roy Massivs leuchtet bereits bei schwachem Licht – einfach unglaublich. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichen mich die ersten Sonnenstrahlen und ich wandere zurück ins Camp. Ich bin sehr zufrieden mit dem heutigen Tag, die Fotos sehe ich als nahezu perfekt an. Am Abend bilden sich wieder Wolken, ob diese bis Morgen verschwunden sind? Ich möchte noch ein paar Aufnahmen eines neu entdeckten Wasserfalls machen.
Morgendämmerung bei der Laguna Suzia
Herbststimmung im Wald
Dieser Morgen wird leider nichts, die Wolken sind dichter und die Berge nur halb sichtbar. Wir machen dennoch eine kleine Tour zum Piedras Blancas Gletscher. Zurück beim Camp packen wir alles Material und wandern drei Stunden zum Camp Angostini, bei der Lagune des Cerro Torre Massivs. Wir wandern vorbei an Lagunen, durch Graslandschaften und durch farbige Märchenwälder. Die Farben im letzten Tal sind zu satt um wahr zu sein. Da es bedeckt ist wirken die Farben im diffusen Licht krass, fast kein Schatten stört das Bild.
Beim Camp angekommen sind wir etwas müde vom Tag, erkunden aber dennoch die Umgebung für den nächsten Morgen, hoffentlich wird der Cerro Torre dann sichtbar sein. Es ist ruhig auf dem Zeltplatz, nur etwa fünf bis zehn Zelte hat es hier Ende Saison. Wir erwachen früh um zu Fotografieren. Der Cerro Torre ist aber bis zum Sonnenaufgang nie ganz sichtbar, der Hauptgipfel ist von Wolken umgeben. Etwas geknickt packen wir das Material zusammen um zurück nach El Chalten zu gehen. Das Essen ist aufgebraucht, wir sind müde und geschafft. Wir laufen eine halbe Stunde bis ich mich mal wieder umdrehe um zu sehen ob der Berg der Berge nun sichtbar ist. Und siehe da, die Wolken um den Berg lösen sich. Wir sind gerade bei ein paar vorher erkundeten Seelein und es ist windstill, was für ein Glück. Anstatt die drei veranschlagten Stunden nach El Chalten, werden es gegen fünf, zu oft stoppen wir für Fotos. Unser Glück, wir haben es noch geschafft ein paar Bilder vom Cerro Torre zu nehmen.
Piedras Blancas Gletscher
Wunderbare Wanderung entlang von Seen und Wälder
Sonnenaufgang vor dem verdeckten Cerro Torre
Farbige Morgenstimmung im Camp Angostini
Cerro Torre spiegelt sich im Seelein
Was für Farben es hier im Wald hat!
Buchenwald
Völlig am Ende kommen wir bei unserer Hausbäckerei an, wo wir fast jeden Tag, auch wie vor drei Jahren schon, Brot und Empanadas besorgen. Hier lassen wir uns so richtig verwöhnen.
Die Saison in El Chalten endet nun langsam definitiv. Hostels und Geschäfte schliessen nach Ostern (Semana Santa). Auch draussen merkt man, dass der Herbst langsam Endet. Ich schlendere zwischen Bäume durch, leichter Wind bläst die letzten Blätter runter, dazwischen scheint die Sonne durch. Ich liebe diese schönen und milden Herbsttage, so richtig zum geniessen und träumen.
Ich bekomme die Nachricht rein, dass heute Abend Marian vom O Trek im Torres del Paine hier eintrifft. Wir haben uns in Puerto Natales kennen gelernt und sie hat noch ein paar Ausrüstungsgegenstände von Simon ausgeliehen. Sie trifft völlig geschafft von der Reise am Abend ein und wir gehen erst mal Bier trinken, das gönnen wir uns nach dieser harten Tour. Es wird spät bis wir im Bett sind, Simon und ich ziehen noch ein wenig um die Häuser.
Am nächsten Tag gibt es eine easy Tour. Sechs Kilometer ausserhalb von El Chalten liegt am Fluss Rio Fitz Roy ein Aussichtspunkt, dort wollen wir zum Sonnenaufgang hin. Es ist keine Wolke am Himmel, der Wind hat aber wieder zugenommen und die klare Nacht hat die Temperatur gesenkt. Dick eingepackt warten wir auf die ersten Sonnenstrahlen. Diese erleuchten das gesamte Bergmassiv hinter El Chalten, einfach wunderbar diese Aussicht auf ein paar der schönsten Berge der Welt. In El Chalten ist der junge talentierte Bergsteiger David Lama gerade das Thema. Er sei gestern in Kanada mit zwei anderen Bergsteigern tödlich verunglückt. Erst noch letzte Saison sei er nochmals nach seinem Free Solo des Cerro Torre hier gewesen. Eine tragische Geschichte.
Vollmond vor dem Fitz Roy Massiv
Sonnenaufgang am Cañadón del río De las Vueltas
Heute Morgen machen wir uns eine reichhaltiges Frühstück, wir verwerten alle unsere Resten und verwöhnen uns drei mit allem Möglichen. Bald geht es ab nach Hause, davor muss noch alles gegessen werden. Es ist Souveniershopping angesagt, so geht der Tag heute schnell vorbei. Das leckere Curry von Simon zum Nachtessen stärkt uns für den nächsten Tag.
Bereits um vier Uhr treffen wir uns mit leichtem Gepäck. Das Ziel ist heute 10km und etwas mehr als 1000 Höhenmeter der Aussichtspunkt Loma del Plieque Tumbado. Die Aussicht auf perfektes Wetter treibt uns im Vollmondlicht hoch, wir haben zwar genug Zeit, aber wir sind zu schnell unterwegs. Durch Wälder, über Wiesen kommen wir auf offenes steiniges Gelände. Kurz vor dem Ziel wähle ich einen anderen Weg und lasse mich wieder auf die Baumgrenze fallen. Ich suche mir im Mondlicht eine geeignete Position für den Sonnenaufgang. Die Schleierwolken lassen auf einen farbigen Morgenhimmel hoffen. Und siehe da, der Himmel verfärbt sich wunderbar rosa – wir haben den Foto Jackpot geknackt, ich jauchze vor Glück. Nun gehe ich auch noch bis zum Gipfel wo ich die anderen Zwei antreffe. Im wärmenden Morgenlicht machen wir zusammen ein paar Erinnerungsfotos, bevor wir zurück nach El Chalten laufen. Der Abstieg ist hart und unter der prallen Sonne anstrengend. Gegen Mittag erreichen wir El Chalten und es geht erneut in die Bäckerei, ausgiebig Morgenessen. Nun heisst es das Material für die Heimfahrt vorzubereiten und uns von Marian zu verabschieden. Wir hatten eine lustige und spannende Zeit. Sie reist noch ein wenig herum bevor sie zurück nach Südafrika geht.
Roter Blätterwald im Mondlicht
Gewaltiger Sonnenaufgang
Enjoy it!
Am nächsten Tag fahren wir mit unserem Auto über Puerto Natales nach Punta Arenas. Hier beginnt der mühsame Teil der Heimreise, der Flug nach Santiago, Madrid, Zürich und dann mit dem Zug nach Bern wo ich 36 Stunden später ankomme (Zustand nicht mehr definierbar).
Was bleibt von dieser Reise? Tolle Herbststimmungen, gute Fotos, neue Abenteuergeschichten und natürlich die super Zeit mit Freunden und neuen spannenden Menschen – I like!