Nun sitze ich als Letzter unserer fünfer Gruppe im Hotel nahe des Flughafens in Honolulu. Die Gedanken kreisen, das Erlebte kommt hoch, Vieles haben wir in den letzten Wochen in den USA erlebt. Unglaublich war unser Wetterglück und die erlebten Abenteuer. Noch kann ich es kaum glauben, nun ist der Moment da wo meine Reise in Südamerika weitergeht. Die Route noch völlig offen, das Einzige ist der Start in San Pedro de Atacama (Nordchile) und das Ende in Punta Arenas (Südchile). Dazwischen eine Luftlinie von rund 4’000 Kilometer, die wir in den nächsten zwei Monaten per Mietauto durch Chile und Argentinien erkunden werden.
Die Reise über Los Angeles, Bogota, Santiago, Calama nach San Pedro de Atacama ist lang – eine 36h Reise. In Santiago treffe ich mich mit Matthias, der aus der Schweiz angereist ist. Am Tag nach der Ankunft holen wir unseren 4×4 Mietwagen, auf ein wenig Warten sprich Geduld habe ich mich eingestellt, 3h später unternehmen wir die erste Spritztour mit unserem Nissan Terrano. Bald stösst auch noch Simon zu uns, der schon seit einem Monat in Südamerika ist. Das Reiseteam ist nun komplett.
Valle de la Luna
Nun geht unser Atacama Wüsten Abenteuer richtig los. Zuerst besuchen wir das Valle de la Luna. Im Abendlicht sind die Farben der mondähnlichen Landschaft unglaublich. In der Dunkelheit suchen wir uns unweit vom Park die erste Schlafmöglichkeit. Das Zelt ist schnell aufgestellt, der Boden ist zwar sandig aber hart. Die Sterne werden beim Abendessen immer klarer und dann wird die Milchstrasse perfekt sichtbar. Unglaublich wie sich hier der Sternenhimmel präsentiert.
El Tatio Geysir Feld
Weiter geht unsere Fahrt über eine Schotterstrasse hoch zum „El Tatio“. Das höchstgelegene aktive Geysir Feld liegt auf 4’280m.ü.M. Wir übernachten windgeschützt in den Ruinen einer Mine, die vor Jahren aufgegeben wurde. Die Nacht ist wieder sternenklar, aber jetzt in dieser Höhe bitterkalt. Das Thermometer sinkt auf weit unter minus zehn Grad Celsius. Wir stehen früh auf und begeben uns noch in der Dunkelheit zu den Geysiren. Da die Luft bis nach dem Sonnenaufgang so kalt ist, sieht man bei jeder noch so kleinen Bodenöffnung den Wasserdampf aufsteigen. Das Feld ist übersät von Dampftürmen, ein spezieller Anblick. Nach wenigen Minuten fotografieren sind unsere Finger so durchgefroren, dass wir kein Gefühl mehr darin haben – dies bleibt auch für die nächsten paar Minuten so. Die Auftauphase der Finger schmerzt, doch die ersten Sonnenstrahlen durch die dampfenden Geysire wärmt dann den ganzen Körper.
Laguna Miscanti / Salar de Tara
Nun starten wir die Reise in Richtung Süden. Wir wählen die holprige Wüstenstrasse Nr. 23 über den Paso Sico, der die Grenze zu Argentinien bildet. Vorbei an der tiefblauen Laguna Miscanti, hoch auf ein menschenverlassenes Plateau auf 4’000 m.ü.M. Nach mehreren Stunden fahrt geht die Strasse leicht nach unten und wir sehen auf die Salar de Tara. Eine riesige Salzpfanne mit einer smaragdfarbigen Heisswasserlagune. Was für ein Fotosujet – vorne an der Lagune hat es noch rote Steine, als Piedras Rojas bekannt. Der Wind bläst an diesem Abend extrem kräftig über das Hochplateau. Wir entscheiden uns nicht hier zu bleiben, zu heftig und kalt war die letzte Nacht, hier hat es kein Windschutz weit und breit. So fahren wir in der Dämmerung weiter Richtung Grenze – heutiges Ziel unbekannt. Bald erspähen wir aus der Ferne etwas abgesetzt vom Strassenrand ein paar Baracken und Container. Haben wir wieder Glück und können in einer verlassenen Siedlung übernachten? Nein, viel besser! Als wir in die Container-Siedlung einbiegen, begrüsst uns ein Mann in Überhosen und bringt uns zu seinem Vorgesetzten – Chilenisches Militär. Nach kurzer Diskussion (Simon kann perfekt Spanisch) willigt er ein, dass wir in einem der Container übernachten dürfen. Per Zufall hat es in diesem isolierten (unordentlichen) Container drei Matratzen, die sich sogar als sehr bequem heraus stellen werden. Wir müssen aber am frühen Morgen weg sein, da seine Vorgesetzten auf eine Inspektion vorbei kommen. Wir dürfen sogar die Kochbaracke brauchen. So zeigt Matthias den erstaunten Anwesenden, zwei Militärangehörigen und vier Arbeitern, seine Kochkünste. Sie sind überwältigt und wollen in fast hier behalten. Als Geschenk für die Logie überreichen wir Ihnen ein schweizer Taschenmesser und eine Packung unseres Schweizer-Fondue. Die Nacht ist somit mal wieder angenehm warm und erholsam. Am Morgen fahren wir nochmals zur nahe gelegenen Lagune und machen ein paar Fotos.
Den Grenzposten erreichen wir gegen neun Uhr. Als unsere Anwesenheit endlich bemerkt wird, weckt ein argentinischer Soldat alle benötigten Personen für die Formalitäten. Zwei auf der chilenischen Seite, zwei auf der Argentinischen. Verschlafen trotten sie dann nach und nach zu ihrem Arbeitsplatz. Fast überspringen wir einen Posten da der Beamte noch nicht eingetroffen ist. Der letzte Posten kontrolliert noch unseren Wagen. Die Kühlbox voll mit Essen überschaut er gekonnt (wir hätten Alles dort lassen müssen). Er findet auch die versteckte Festplatte hinter den Autositzen, interessieren tut es ihn aber nicht. Er prüft ein paar weitere Stellen im Auto und mein Notebook-Ladegerät kommt ihm aber plötzlich suspekt vor. Am meisten Aufmerksamkeit widmet er der Seiten Aufschrift auf unserem Wicked-Mietauto (It’s not really my problem if they think I’m weird – by Sid Vicious). So schickt er den anwesenden Soldaten rein um sein Mobiltelefon zu holen und macht stolz ein Foto davon… Weiter geht die Reise nun auf argentinischer Seite.
Ruta 40 – El Tramo 15
Vom Paso Sico fahren wir runter nach San Antonio de las Cobres. Die richtige Verzweigung im Dorf verpassen wir und so müssen wir nach einer Stunde falsch fahren noch einmal retour um die richtige Strasse zu nehmen. Bald sind wir zurück und sind auf der richtigen Strasse, der Ruta Nr. 40 – 5’000 Kilometer lang quer durch Argentinien. Der heutige Abschnitt nach Cachi wird auch „El Tramo 15“ genannt. So fahren wir über den höchsten Pass Argentiniens, dem Abra del Acay, 4.895m hoch. Die Strasse hoch ist holprig und steil, die Aussicht grandios. Als wir den Pass erreichen geht es auf der anderen Seite noch steiler nach unten, gespickt mit vielen engen Kurven, oft nur einspurig befahrbar. Nun zeigt sich die schönste Seite dieses Abschnitts. Die Hänge sind dank den Erzen und Mineralien vielfarbig – phantastisch. Weiter unten öffnet sich das Tal. Die Gesteinsarten wechseln sich dabei um jede Ecke. Ganz unten ähnelt es nun dem Grand Canyon. Vermehrt hat es nun grosse Kaktusse. Als ich das perfekte Sujet vom Beifahrersitz aus sehe bitte ich zum Anhalten. Ich beschwere mich beim Aussteigen, dass die Bremsen wohl einiges abbekommen haben, es stinkt verbrannt. Als es dann aus dem Motorraum qualmt öffnen wir ihn und finden die Batterieumhüllung in Flammen vor! Zum Glück können wir diese noch löschen bevor die ganze Batterie Feuer fängt. Die (improvisierte) Batteriehalterung hat sich auf den holprigen Strassen gelöst und hat auf der Batterie zu mehreren Kurzschlüssen geführt. Die Flammen haben auch den Plastiktank der Motorkühlung angesengt und zwei grosse Löcher reingebrannt- Na toll! Wir fahren langsam und die Motorkühlungsanzeige im Blick in Richtung Cachi. Hier beginnt nun der Spiessroutenlauf. Der erste Mechaniker identifiziert den Tank als Reservekühltank, kann uns aber nicht helfen. Beim zweiten Mechaniker benötigen wir fast zwei Tage für eine neue Batterie, die er mit einem Seil befestigt. Immerhin haben wir nun wieder eine Sichere Batterie, jedoch ist nun das Ganze mehr oder ein wenig Gebastelt. Wir fahren weiter, wir werden den Wagen in Chile richtig reparieren lassen.
Parque Nacional los Cardones
Ganz in der Nähe von Cachi liegt der Parque Nacional los Cardones. Der National Park wurde nach dem Cardones Kaktus benannt, der in dieser Hochwüste bis zu 300 Jahre alt wird. Auf der Hauptstrasse durch den Park hat es riesige Kakteen Felder, für die vielen Touristen aus Salta, einer nahen gelegenen Stadt, der Anziehungspunkt. Wir fahren mit unserem 4×4 nun auf einer Landstrasse weit in den Park hinein um die Ruhe zu finden. Nach etwa einer Stunde fahrt finden wir einen Hügelzug, der von Farben nur so strotz.
Paso San Francisco
Unsere Reise geht weiter nach Süden. Das Tal wird nun grüner und wir fahren vorbei an riesigen Traubenfelder von Cafayete. Cafayate ist eine kleine Kolonialstadt, die ein mildes Klima hat und bekannt für seinen Wein ist. Wir übernachten auf einem belebten Campingplatz und verköstigen den lokalen Wein. Der gewählte Wein ist vom Weingut, dass gerade über die Strasse liegt. Hier finden wir auch wieder einmal abwechslungsreiche und lokale Lebensmittel, zum Nachtessen machen wir „Gschwellti“.
Die nächsten Tagesetappen führen über den Paso San Franciso, wo wir wieder über die Grenze nach Chile wollen. Die Fahrten sind lang, wir haben schon fast 2’000 Kilometer Autofahrt hinter uns, wir werden aber dabei mit aussergewöhlichen Ausblicken belohnt.
Der Weg auf den Pass ist steil, das Wetter ist schön aber es weht ein kräftiger Wind. Hinter uns türmt sich eine riesige Föhnwolke, die wie ein Ufo aussieht. Da sich der Weg durch die Hügel und Berge auf den Pass windet haben wir immer wieder ein anderes Vordergrundmotiv mit dieser Wolkenformation. Wir halten somit oft und machen ein paar Fotos. Vor der Passhöhe kommen wir zur argentinischen Grenzkontrolle, zum Glück ist es draussen windig und kalt. Nur ich muss meinen grossen Rucksack zeigen bevor wir weiterfahren können. Der chilenische Grenzposten kommt erst in 120 Kilometer, dieser ist viel berüchtigter, da wir fast keine Lebensmittel nach Chile nehmen dürfen.
Parque Nacional Nevado Tres Cruces
Wir fahren durch Niemandsland, da die Grenze zu Chile noch weit entfernt ist. Es wird langsam Abend und wir entscheiden uns heute im Parque Nacional Nevado Tres Cruces zu übernachten. Eine Landstrasse über die Salzpfanne führt uns zu der Laguna Santa Rosa. Dort hat es ein kleines Refugio wo wir unsere Zelte aufschlagen wollen. Zu unserer Überraschung hat es keinen Zeltplatz mehr, jedoch bauen ein paar Arbeiter gerade zwei kleine Gebäude. Diese sollen wohl in Zukunft mehr Gäste in den abgelegenen Park bringen, damit diese über Nacht dort bleiben können. Uns wird angeboten im noch nicht fertigen Gebäude, ohne Fenster und Dach gratis zu übernachten. Wir brauchen aber diesen Windschutz nur zum Kochen, schlafen werden wir zu dritt im Dachzelt unseres Autos. Da die Hanglage nicht ideal ist, schleppen wir aus der Umgebung riesige Steine an und fahren gekonnt mit dem 4×4 darauf. So bekommen wir einen mehr oder weniger ebenen Liegeplatz. Die Nacht wird in dieser Höhe mal wieder eisig kalt und die Sterne funkeln in der klaren Nacht. Früh am morgen steige ich aus dem Dachzelt um den Sonnenaufgang zu betrachten. Die Sonne zeigt sich leider kaum, da sich in der späten Nacht einige Wolken gebildet haben.
Die Heizung auf voller Leistung fahren wir früh in Richtung Grenze. Wie immer sind wir bei den Grenzen früh dran, zu früh. Vor neun Uhr und noch während eines Feiertages, zu früh für Südamerika. Bald werden wir zwar begrüsst, das Computer System sei eben erst gestartet worden, wir sollen warten – Eine halbe Stunde oder mehr vergeht. Dann gehen die Formalitäten los. Da wir mit dem Wagen schon mal über die Grenze sind, geht es nun ein wenig schneller. Jedoch müssen wir alle Rücksäcke und Taschen scannen lassen. Das Ziel dieser Übung ist, die Einfuhr von Lebensmittel und Schmuggelware zu kontrollieren. Diese dient zum Schutz der einzigartigen Natur und sollen das Einschleppen von Tier- und Pflanzenkrankheiten verhindern. Darunter zählen aber auch viele Gewürze, die wir nicht hergeben wollen. Diese verstauen wir bereits vor der Grenze zuunterst in zwei unserer Rücksäcken. Nach dem Scannen will der Grenzbeamte genauer kontrollieren und so müssen wir die Gepäckstück öffnen. Zu unserem Glück will er alle sehen, bis auf die zwei Rucksäcke wo die Gewürze verstaut sind.
Wir fahren nun weiter in Richtung Süden, vor uns liegen ein paar hundert Kilometer Autofahrt über die Panamericana an der Küste entlang. Dabei machen wir in La Serena und Valparaíso halt, bevor wir die nächste grosse Zwischenstation im Seenland unterhalb von Santiago machen.