Weiter geht unsere Reise nach Süden. Der Beginn von Zentralchile ist in unserer Reiseplanung nur zum Durchfahren gelistet, die Region hat nicht viel Interessantes zu bieten. Viel mehr wollen wir das untere zentrale Chile und Argentinien bereisen. Seen und hoch aufragende Vulkane sollen dort die Landschaft prägen.
Die lange Fahrt über die doppelspurige Panamericana, die mit einigen Mautstellen ausgestattet ist, hat seinen eigenen Reiz. Wir durchqueren dabei einige charakteristische Klimazonen. Wir fahren in der Hochlandwüste los und bewegen uns in Richtung Steppengebiet. Die Panamericana schlängelt sich dann später nahe an der schroffen Küste des Südpazifiks vorbei, nun wird die Vegetation langsam dichter. Zuerst dürre Sträucher und Kaktusse, dann vermehrt grüne Oasen an den braunen sedimenthaltigen Flüssen aus dem Hochland.
Auf den 2’000 Kilometer in das Seengebiet machen wir in La Serena und Valparaiso Stopps und übernachten zur Abwechslung mal wieder in Hostels. In La Serena bekommen wir überraschend einen neuen Kühlwassertank, die Probleme mit dem Auto scheinen nun behoben zu sein. In Valparaiso checken wir in einem Hostel in mitten der vibrierenden Stadt ein. Die Gassen hier sind voller Streetart, es geht bunt zu auf den Strassen rund ums Hostel. Auch wir stürzen uns mal wieder ins Nachtleben von Chile, manche länger als Andere. Am Morgen sitze ich auf dem Sofa des Hostels, als es dann plötzlich zu rütteln beginnt – ein Erdbeben! Für eine Minute schüttelt das ganze Gebäude leicht, dann ist der Spuck schon wieder vorbei. Später erfahre ich, dass das Beben mit einer Stärke von 6.4 etwa zweihundert Kilometer südlich war. Das nahe gelegene Santiago umfahren wir, die Temperaturen sind nun sommerliche 35 Grad, wir schwitzen auf unseren stundenlangen Fahrten.
Reserva Nacional Altos del Lircay
Wir haben nun genug Zivilisation und so fahren wir in das Reserva Nacional Altos del Lircay. Hier wird es nun grüner und das Klima ist gemässigt. Die Umgebung ist geprägt von den umliegenden Vulkanen. Der Boden ist dank den zahlreichen Ausbrüchen extrem fruchtbar, ab hier ist die Landwirtschaft ein ständiger Begleiter am Strassenrand. Dank dem Einfluss der eingewanderten Deutschen und Europäer finden wir nun ein grosses Angebot an bekannten Esswaren: Würste, Lachs, Brot und knackiges Gemüse wird hier zum Genuss.
Wieder mal sind wir erstaunt über die verhältnissmässig hohen Eintrittsgebühren der Parks in Chile. Die Parks dienen wohl manchmal eher als Geldmaschine, die mit überrissenen Eintritten gefüttert wird. Die Infrastruktur oft schlecht und teuer. Egal, wir zelten zwei Tage hier im Reserva Nacional und machen den bekanntesten Wanderweg in Zentralchile, den Sendero Enladrillado. Dieser führt 24 Kilometer durch den Park. Zuerst laufen wir lange durch den Wald bevor es steil rauf über die Baumgrenze geht. Die mondähnliche Vulkan Landschaft ist karg, dann erreichen wir ein Plateau – Steinplatten wie eben gemeisselt, oft wird hierbei ein Ufo Landeplatz vermutet. An der Klippe haben wir trotz bewölktem Wetter Weitsicht auf die umliegenden Berge und Vulkane. Nun geht es weiter zur tief blauen Laguna del Alto, die imposant in der ehemaligen Gletscherlandschaft gelegen ist. Müde von der langen Wanderung gehen wir früh zu Bett, ein langer Weg liegt vor uns.
Saltos del Laja
Die Weiterfahrt ist lange und es ist heiss, für unseren Wagen zu viel. Wie wild leuchten alle Warnlampen, wir müssen anhalten und pausieren. Nach mehreren Versuchen startet er wieder, es deutet alles auf eine leere Batterie… Auf der Fahrt zum Wasserfall Saltos del Laja müssen wir den Wagen immer wieder überbrücken lassen. Erst gehen wir einen Zeltplatz suchen und hoffen auf einen neuen Versuch am nächsten Tag. Früh morgens vor dem Sonnenaufgang gehen wir los, auf dem Parkplatz beim Wasserfall ist dann aber erst mal fertig – dem Auto gehen die Lichter aus und der Motor würgt ab. Auto so stehen lassen, fotografieren, Morgenessen und hoffen – so unser Plan. Nachdem wir danach erneut Starthilfe bekommen haben fahren wir nach Los Angeles. Dort besuchen wir erfolglos mehrere Garagen, bis dann bei der Vierten ein defekter Alternator diagnostiziert wird. Er könne ihn (für viel Geld) reparieren, dazu muss aber zuerst Einiges aus dem Motorraum ausgebaut werden. Der Mechaniker schickt uns dazu zum Kollegen über die Strasse. Nun sind wir in guten Händen. Es ist die erste Garage, die sich so richtig um unseren Wagen kümmert. Es ist zum Glück Montagmorgen und wohl noch nicht viel Arbeit im Haus. So begutachten bis zu drei Mechaniker inklusive Chef unser Problem. Es wird gemessen, geschraubt, geprüft aber plötzlich nichts mehr gefunden. Die Testfahrt mit allen möglichen Stromverbrauchern auf Vollbetrieb zeigt, dass unser Wagen wieder funktioniert. Problem gelöst, Ursache unbekannt, unsere Reise geht weiter…
Parque Nacional Villarrica
Wir erreichen Pucon, ein Touristenort am aktiven Vulkan Villarrica. Im Touristenbüro fragen wir nach einem Zeltplatz. Wir werden auf einen nahen gelegenen Zeltplatz geschickt. Wir gehen uns anmelden, die Reception ist aber geschlossen, wie die nächsten drei Tage auch. So haben wir ein paar gratis Nächte hier im teuren Pucon. Unser Ziel hier ist den Vulkan Villarrica zu besteigen. Jedoch haben die Behörden seit dem Ausbruch im Jahr 2015 harte Restriktionen eingeführt. Eine eigenständige Besteigung ist nur noch unter gewissen Bedingungen erlaubt: Material (Steigeisen, Helm, Pickel und Gasmaske) und genügend Erfahrung. Für das Zweite reicht mein SAC Ausweis, jedoch haben die zwei Anderen keinen. Uns wird somit der selbstständige Aufstieg verwehrt. So buchen wir für den übernächsten Tag eine Tour bei einem lokalen Anbieter. Diese haben den Ausbruch auf ihre Art genutzt und die Preise verdoppelt.
Wir nutzen den freien Tag für einen Ausflug in den Parque Nacional Huerquehue. Wir wandern in die Berge rauf zum Lago Chico und Lago Torro. Leider ist das Wetter nicht so gut, wir geniessen die frische Luft trotzdem. Auf dem Rückweg machen wir einen kleinen Abstecher zum zufällig ausgewählten Wasserfall Ojos del Caburga. Als wir aber dann den Wasserfall erreichen wird uns einiges klar. Es ist nicht irgendein Wasserfall; viele kleine und grosse Wasserfälle stürzen in eine blaue Lagune, ein paradiesischer Anblick in mitten der grünen Landschaft.
Am nächsten Tag um 6.30 Uhr treffen wir uns beim Outfitter. Mit neun Anderen werden wir in einem Van zum Fusse des Vulkans Villarrica gefahren. Hier ist auch das Skizentrum (im Winter kann man hier an mehreren Skiliften Ski fahren). Für eine zusätzliche Gebühr von umgerechnet 30 CHF kann man für die ersten Höhenmeter einen alten Sessellift nehmen – nichts für uns. Wir haben eine lahme Gruppe erwischt, diese erreicht fast als Letzte die Endstation des Sessellifts. Hier muss angemerkt werden, dass bei schönem Wetter bis zu hundert Personen, aufgeteilt auf die diversen Outfitter, auf den Berg wollen und zwar alle gleichzeitig! Nun werden Steigeisen montiert und ab geht es auf den vereisten Schnee hoch zum Vulkankrater. Die Guides merken schnell, dass wir drei etwas schneller sind, so teilen sie unsere grosse Gruppe auf. Es geht nun schneller im Zick Zack den Vulkankegel hoch, für uns aber eher noch gemütlich, der Wind weht zum Teil heftig. Wir überholen Gruppe um Gruppe und sind dann fast als Erste nach vier Stunden oben beim Kraterrand. Wir montieren nun die Filtermaske, die toxischen Gase die in Form einer riesigen Rauchsäule aus dem Vulkan steigen, werden unerträglich. Wir dürfen nur wenige Minuten oben sein. Der Abstieg geht viel schneller: Wir montieren die wasserfesten Kleider, die wir vom Outfitter erhalten haben. Mittels eines Plastik Untersatzes (Plastikteller) rutschen wir den steilen Schneehang herunter, es hat bereits einige „Eiskanäle“. Den Pickel benötigen wir zum Bremsen, am Schluss aber mehr als Steuerruder. Wir sind als Erste unten, die 1’000 Höhenmeter haben wir in Rekordzeit gemeistert. Wir müssen nur noch etwa 5 Minuten auf dem Geröll runter zum Parkplatz laufen.
Parque Nacional Vicente Pérez Rosales
Das nächste Ziel unserer Reise ist die Umgebung um Puerto Varras, das nun das eigentliche Seengebiet darstellt. Überall ist der Einfluss der deutschen Einwanderer zu sehen, man fühlt sich manchmal fast wie Zuhause, nur die verschneiten Vulkane verfälschen diese Ansicht. Wir fahren in das Gebiet bis nach Petruhué, ein ganz kleines Dorf am See Todos los Santos, der bis zur Grenze nach Argentinien reicht. Eigentlich wollen wir hier im Parque Nacional Puyehue übernachten und einige Wanderungen machen. Jedoch erfahren wir über einen Zettel am Besuchszentrum, dass die Parkverwaltung am streiken ist. So ist auch deren Campingplatz am See mit einer dicken Kette eigentlich geschlossen. Wir finden aber unten am Strand einen kleinen Durchschlupf, der sogar mit unsere 4×4 Wagen und dessen Geländeuntersetzung zu meistern ist. So haben wir den Zeltplatz für uns alleine. Zum Nachtessen kochen wir ein Fondue, es kommt fast Heimweh auf.
Wir geniessen die Umgebung um den Vulkan Osorno, das Wetter ist herrlich. Nach drei Tagen Wandern und Fotografieren fahren wir weiter nach Argentinien – Bariloche mit seiner abenteuerlichen Umgebung ist unser Ziel.
Bariloche
Unser Weg führt über den Paso Cardenal nach Bariloche in Argentinien. Die Argentinische Grenzkontrolle nimmt unsere Wagen genauer unter die Lupe und so sind wir mal wieder unser frisches Gemüse los (Es ist nicht erlaubt Gemüse und Fleisch in die zwei Länder einzuführen). Nach der Grenzüberquerung fahren wir am Rande des Parque Nacional Nahuel Huapi entlang, der an den gleichnamigen See angrenzt. Die Strasse führt durch wunderschöne Wälder und wilde Natur. Eine Stunde später erreichen wir Bariloche, das Zermatt von Argentinien. Wir haben für die Nacht etwas ausserhalb ein Hostel gebucht. Das passt auch gerade zum Wetter, es hat Wolken am Himmel, die auf Sturm deuten. Im Hostel angekommen wird uns erklärt, dass am Abend noch ein Sushi Essen mit 30 Personen und Party stattfindet, wir sind auch eingeladen. Vom Sushi bekommen wir leider nichts (trotz mehrmaliger Nachfrage vom Gast), die anschliessende Party ist aber super. Aufgrund des schlechten Wetters bleiben wir noch weitere drei Nächte im Hostel und unternehmen einige Aktivitäten in der Umgebung.
Parque Nacional Nahual Huapi
Unweit von Bariloche liegt der Parque Nacional Nahuel Huapi mit einer der schönsten Landschaften von Südamerika. Wir starten unser Trekkingabenteuer mit einer 2-Tages-Wanderung zum Refugio Frey. Nach etwas mehr als vier Stunden gelangen wir zum Refugio das an der Laguna Tomcek liegt, die umliegenden Berge sind einmalig, ich fühle mich schon fast in Patagonien angekommen. Einige der Spitzen ragen hoch hinauf wie Türme. Es windet hier oben sehr fest und wir sind bereits unter der Nullgradgrenze. Über die Jahre sind hier stattliche Steinmauern erstellt worden, die den Platz vom Wind schützt. Zum Sonnenuntergang steigen wir die eine Bergflanke hoch und machen einige Fotos. Meine vorgängigen Berechnungen ergaben, dass der Sonnenaufgang am folgenden Tag direkt in die Bergspitzen leuchten wird. So gehen wir früh ins Zelt, erwärmen kann mich aber der Schlafsack nicht so, zu kalt ist die Nacht.
Früh am Morgen stehe ich auf und laufe zu einer Anhöhe, die ich am Vorabend ausgekundschaftet habe. Nach ein paar Minuten warten und Kamera einstellen, beginnt die Spitze des Torre Principal zu leuchten. Ein paar Minuten später ist das ganze Amphitheater um die Laguna Tomcek angeleuchtet, ein majestätischer Anblick. Ein wenig später, gestärkt durch das Frühstück, geht es los runter ins Tal zurück nach Bariloche, wo wir unser Auto sicher abgestellt haben.
Wir fahren weiter in den südlichen Teil des Nationalparks, um die bekannte Wanderung zum Refugio Otto Meiling zu machen. Dieses liegt unterhalb des Cerro Tronadors (Donner). Wir wandern etwa vier Stunden hoch, für mich ist die Wanderung sehr anstrengend, da ich mich in den letzten Tagen erkältet habe. Die etwas mehr als 1000 Höhenmeter überwinden wir auf einer relativ kurzen Strecke die Steil im Zick Zack den Hang raufführt. Ab und zu hören wir vom Tronador her ein Donnergrollen. Es ist Eis das sich von den umliegenden Gletschern löst und donnernd ins Tal stürzt. Wir kommen oben an und zu unserem erstaunen erblicken wir einen Kondor, der hoch am Himmel die Thermik ausnutzt. Je länger wir oben auf dem Grat in Richtung Refugio laufen umso mehr Kondore erspähen wir. Mindestens fünf dieser gewaltigen Vögel nutzen hier die Winde an den Klippen. Zum Teil kommen Sie zum greifen nahe, die Kamera habe ich leider zu diesen Zeitpunkten nie parat, das Telezoom habe ich unten im Tal. So bleiben mir die gewünschten perfekten Bilder im Moment verwehrt, ich hoffe aber auf Chancen weiter unten in Patagonien.
Das Refugio ist drinnen sehr gemütlich eingerichtet, auch die Küche können wir gegen Entgelt brauchen, für Matthias ein Traum mit perfekter Herd-Aussicht. Am Morgen stehe ich früh auf um die ersten Sonnenstrahlen zu erwischen, das Wetter macht mit und es ist wunderschön.
Nun geht unsere Fahrt weiter in den Süden, wir kommen nun langsam an die Tore von Patagonien – mein Traum. Die Felder um die Strassen werden bunter, vor allem Lila Lupinen prägen die Umgebung. Mit diesem Bild verabschiede ich mich bis zum nächsten Blog Eintrag aus Patagonien.