Flores
Die Einreise von Belize nach Guatemala verlief recht energisch, bereits an der Grenze warteten die ersten Taxifahrer, die man fast nicht mehr los wurde. Ich war mir das zwar aus Südamerika bereits ein bisschen gewohnt, aber es sind immer diese Momente die den grossen Rucksack noch schwerer machen und man dann froh ist, wenn man endlich in einem Taxi sitzt. Bevor man aber den Einreisestempel im Pass bekommt, wird man vom Beamten höflich für 20 Quetzales Gebühr (Ca. 3 CHF) gefragt, obwohl es diese eigentlich offiziell nicht gibt. Bezahlt geht es ohne Probleme weiter, mit dem Taxi Richtung Stadt. Dort konnten wir ohne Wartezeit einen Collectivo nach Flores besteigen. Die Collectivos sind die billigsten Fortbewegungsmittel für mittlere Distanzen. Jedoch fahren in diesen, meist älteren Toyota Bussen, so viele Personen wie Platz haben und Haltestellen gibt es nach Verlangen. Ich durfte dann bereits die erste Erfahrungen in Sachen Beinfreiheit in Zentralamerika machen. Die Anordnung der Sitzreihen ist eher auf den kleiner gewachsenen MIttelamerikaner ausgelegt. So kommen die drei Stunden fahrt dann wie eine Ewigkeit vor und das Blut fliesst je nach Möglichkeit noch ab und zu bis zu den Zehen. Im Vorbeifahren können wir uns einen ersten Eindruck über die armen Verhältnisse in Guatemala machen. Vor allem die Region El Petén zur Grenze von Belize kommt einem sehr arm vor. Der Grund dazu haben wir dann später von einem einheimischen Guide erfahren. Nach Diktatur und einem 36 Jahren dauernden Bürgerkrieg, welcher erst 1996 endete, wurden in den Maya Regionen um El Petén einige Naturparks gegründet. Den ehemaligen Mayas, die in sehr einfach Verhältnissen im Dschungel lebten, wurde der Lebensraum knapp. So zogen viele südlicher an die Hauptstrasse und leben dort als Bauern in Wellblechhütten. Auch viele andere Personen zieht es immer mehr in die erschlossenen Regionen.
In Flores angekommen bezogen wir unser kleines Hostel „Yaxha“ in Mitten der Stadt. Flores ist eine kleine Stadt, die auf einer Insel gebaut ist, mit verwinkelten Gässchen und farbigen Häusern. Uns hat vor allem die Ruhe und das gute Essen auf der Insel überrascht. Den ersten Abend genossen wir an der Wesserfront in einem kleinen Restaurant mit Sicht auf die lebendige Strasse und auf den See. Wir konnten uns zu Tom gesellen, einem Briten der uns mit seinem einwandfreien Spanisch den Grenzübertritt und die Fahrt nach Flores vereinfachte. Später kam noch Kristin aus Deutschland dazu, die wir bereits in Belize kennen lernten und per Zufall in Flores im gleichen Hostel wieder trafen.
Flores
Tikal
Am nächsten Tag ging es dann mit einem Kleinbus Richtung Tikal. Tikal ist eine riesige Mayastädte mitten im Dschungel, welche 1979 zum UNSECO Welt Kulturerbe deklariert wurde. Die ersten Mayas liesen sich 700 v.C. in Tikal nieder. Tikal ist von der sumpfigen Umgebung leicht angehoben und sehr fruchtbar. Das dortige Limestone-Steinvorkommen wurde zum Bau von Tempeln und Gebäuden genutzt. Bis 200 n.C. wurden bereits die ersten Tempelanlagen gebaut. Bereits um 250 n.C. wurde Tikal zu einer der wichtigsten Religions-, Kultur- und Handelsstadt im Maya Gebiet mit einer grossen Bewohnerzahl. Danach durchlebte Tikal ein Auf und Ab mit Kriegen. Als der stärkste König namens Jasaw Chan K’awiil oder auch Ah Cacao, um 682 n.C. an die Macht kam, entwickelte sich Tikal zur stärksten Streitmacht im Maya Gebiet und besiegte die Rivalen in Calakmul (Mexiko) in 695. Der Einfluss und die Grösse von Tikal erreichte damals den Höhepunkt. Einige der wichtigsten und grössten Tempeln, wie der Templo I und Templo II entstanden dank dieses Königs. Templo I, der Templo del Grand Jaguar, ist 44m und reicht über die Baumhöhe heraus, um näher bei ihrem Gott zu sein.
Jaguar Tempel
In der tausendjährigen Entwicklung zur Hochkultur Tikals, lernten die Mayas schreiben und waren Astronomen. Alle Tempel sind nach dem Sternbild Siebengestirn angeordnet und von der Pyramide El Mundo Perdido konnte man die Sonnenwenden des Jahres beobachten und bestimmen. Damit waren die Mayas fähig, einen Jahreskalender zu entwickeln. Dieser setzte sich aus 18 Monate an 20 Tagen zusammen und am Ende noch 5 spezielle Tage um auf 365 Tage/Jahr zukommen, welcher sich in einem 52 jährigen Zyklus wiederholt. Da die Mayas an die Reinkarnation glauben, waren Opferungen nicht selten und dienten zur Spiritualität. So, nun genug zur Geschichte, weiter zu unseren Erlebnissen.
Im Vorfeld unserer Reise nach Zentralamerika wurden wir auf das Spezialangebot von einem der Hotels im Nationalpark Tikal aufmerksam. Bis zum Ende der Nebensaison (Ende Oktober), gibt es in diesem Hotel einen Rabatt von 60%. Für wenig Geld erhielten wir somit Vollpension und 3 Touren mit Guide. Dies liesen wir uns nicht nehmen und übernachteten gleich für zwei Nächte dort. Dies ist auch sinnvoll, da die Anlage riesig ist, man hat zu Fuss etwas mehr als 20 Minuten um überhaupt dahin zu gelangen und bis zum hintersten Tempel ist es etwa noch einmal 20 Minuten. Seit etwa zwei Jahren kann man Sunset und Sunrise Touren (Nur in Begleitung eines Guides) buchen, die noch einmal zusätzlich etwas kosten, dafür man aber etwas länger im Park bleiben darf.
Am ersten Tag machten wir uns zusammen mit einer Grossfamilie aus Guatemala dann zur Sunset Tour auf. Der Himmel war beim Abmarsch noch blau und klar, aber nach 15 Minuten begann es wie aus Kübeln zu regnen. Wir flüchtetetn in einer Unterschlupf und lauschten dann halt unserem Guide José zu, welcher sehr viel Interessantes zur Geschichte der Mayas zu erzählen hatte. Ohne den Sonnenuntergang gesehen zu haben, gingen wir später zurück zu unserem Hotel um zu Essen. Das Einschlafen gestaltetet sich als sehr mühsam, da die Feuchte auf mehr als 90% bei 25°C anstieg, man schwitzte im Bett, was mich ein bisschen an Fieber in der Schweiz erinnerte. Um 4 Uhr morgens ging es dann wieder mit José los zur Sunrise Tour. Die Luftfeuchte war am Morgen dann auf bis zu 100% hochgeklettert, im Schein der Taschenlampen war die Luft voller Wassertröpfchen und in meinen Haaren begann sich Tau zu bilden. Auf Grund der Feuchte hatte es dann Nebel, welchen den sonst so grossartigen Sonnenaufgang vom höchtsten Tempel, Templo IV mit einer Höhe von 65m, zu einer Warterei ohne einen Sonnenstrahl machte.
Guten morgen Tikal – Nebel
José hatte aber auch danach einen Ersatzplan und erzählte uns mehr zu den Mayas und führt uns zur Vogelbeobachtung um die Gebäude der Pyramide El Mundo Perdido. Tikal ist für die Vögelbeobachtung sehr bekannt und es gibt extra dazu ein Buch (The Birds of Tikal). Mehr als 300 Spezies kann man in den ruhigen Morgenstunden in den Bäumen um die Tempelkomplexe beobachten. Wir hatten das Glück beide Tucan arten und andere Vögel wie Woodpecker (Specht) und Papageien zu sehen. Leider war wegen des Nebels das Fotografieren fast unmöglich.
Meleagris ocellata
Obwohl das Hotel zuerst nicht wusste das wir drei Touren zu Gute haben, konnten wir dann noch die Dritte in Angriff nehmen. José zeigte sich einverstanden seinen Aufenthalt in Tikal zu verlängern und uns persönlich noch einmal mit in den Park zur Sunset Tour zu nehmen. José hatte am Vortag bereits meine Fotoausrüstung begutachtet und sagte, er wolle uns zu etwas speziellem Mitnehmen, er hatte wohl Mitleid, dass ich während zwei Touren keine guten Fotos machen konnte. Nach einem kurzen Nickerchen machten wir uns dann noch einmal mit José auf den Weg zu den Pyramiden. Der Himmel wurde während des Hineinlaufens immer klarer. An diesem Abend hatten wir das Glück, einen wunderschönen Sonnenuntergang vom North Acroplolis über dem Templo II zu bestaunen. Aufgrund meiner Positionswechsel während dieser Zeit, verschwitzte ich zwei T-Shirts vollständig und kam fast ausser Atem, die Luftfeuchte war einfach sehr hoch und es war auch noch am Abend warm.
Sonnenuntergang über dem Gran Plaza
Sonnenuntergang über dem Tempel I
Nach dem Sonnenuntergang wurden auch die letzten Touristen von den Ranger, welche mit Pumpguns bewaffnet waren, aus dem Park beordert. José hatte wohl dank guten Kontakten noch etwas länger bleiben dürfen, so konnten wir unter dem wundervollen Sternenhimmel einige Fotos im Bereich vom Gran Plaza machen.
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Tempel I am Tag[/one_half_first]
Zusätzlich durfte ich noch andere spezielle Fotos machen, die ich leider aus Datenschutz Gründen hier nicht veröffentlichen darf. Vielleicht wird dies aber in naher Zukunft umgesetzt und die Fotos tauchen dann zu Marketingzwecken auf, mal schauen. Während der letzten Tour haben wir sehr viel persönliches von José erfahren und vieles über Guatemala gelernt. Wir hatten extremes Glück, dass uns José während den drei Touren begleitete. Er ist hoch gebildet (Er macht gerade den Dritten Master, Architektur und Business hat er bereits), spricht unter anderem fliessend Englisch, lernt gerade italienisch und kann sein Wissen in einer sehr angenehmen Art auf die Touristen übertragen, einfach Top!
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von diesem wundervollen und inspirierenden Ort, um die Nacht in Flores zu verbringen um von dort nach Coban zu gelangen.
Coban
Die Reise nach Coban war alles andere als Angenehm. Morgens um 8 Uhr wurden wir vom Collectivo abgeholt. Der Bus füllte sich nach und nach mit anderen Touristen, bis der Bus mehr als voll war. Die Beinfreiheit war weniger als üblich und die 6-stündige Fahrt war wieder einmal eine Tortur für meine Knie und die Beine. Heil in Coban angekommen, holte uns ein Familienmitglied des Hostels am Busbahnhof ab. Das Hostel liegt etwas ausserhalb der Stadt mitten im Grünen. Das Haus gehört einer Familie die ursprünglich aus Guatemla City stammt. Der Mann, ein Architekt und Maler hat das Gebäude selbstständig entworfen und nach und nach für die Familie gebaut. Heute wird es jedoch als Hostel genutzt. Der erste Eindruck war einfach wow, wir fühlten uns sofort zu Hause und wurden bereits mit Essen aus der hauseigenen Küche versorgt. Die nächsten Tage verbrachten wir im und um das Hostel und machten einen kleinen Ausflug zum Wandern im Biotopo Quetzal. Der Quetzal ist der Nationalvogel von Guatemala (Und auch die Währung…), das Männchen dieser Art tragen lange farbige Schwanzfedern. Früher wurde dieser gejagt um an die Schwanzfedern zu gelangen, welche schon von den Maya Königen als Kopfschmuck gebraucht wurden. Heuet ist dieser geschützt und soll im Biotopo vorkommen. Wir haben aber leider auf der Wanderung keinen gesehen, gemäss Infos sollen diese auch Meister der Tarnung sein.
Hostel in Coban
Nebaj
Die nächste und wohl abenteuerlichste Etappe unserer Reise durch Guatemala findet in Nebaj statt. Die kleine Stadt Nebaj liegt weit hinten im Hochland von Guatemala, schon nahe zur Grenze von Chiapas in Mexiko. Der grausame Bürgerkrieg, der erst 1996 endete, hat in dieser Region tiefe Wunden hinterlassen. Wegen seiner Abgeschiedenheit und schwerer Zugänglichkeit, versteckten sich in der Region während des Krieges die Guerillas. Das Militär war vor allem um 1980 für unzählige Massaker und Genozide in der Region Nebaj verantwortlich und gingen mit aller Härte auch gegen die Zivilbevölkerung vor. Für die bessere Kontrolle der Bewohner wurden spezielle Dörfer angelegt, welche noch heute mit dem einfachen und überblickbaren Strassen- und Häusersystem an die Machenschaften von damals erinnern. Speziell in dieser Region ist auch, dass die wichtigsten Dörfer ein Dreieck bilden, das sogenannte „Triangulo Ixil“. In diesem ist die Volksgruppe Ixil anzutreffen, die durch ihre wunderschönen farbigen Trachten, welche sie heute noch im Alltag tragen, auffallen.
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Ixil Frau in ihrer Tracht[/one_half_first]
Vielleicht muss hier noch gesagt werden, dass diese Region von Guatemala eine der Ärmeren ist. Noch heute leben viele Personen in einfachen Hütten, heizen in einfachen Feuerstellen mit Holz und haben oft Mühe genügend Essen für die Familie zu produzieren. Während der dreimonatigen Ferienzeit, welche gerade ist, sieht man bereits die Jüngsten mit Holzwedelen, welche mit einem Seil um den Kopf gebunden sind, durch die Strasse ziehen. Noch heute helfen diese das nötige Feuerholz für die kommenden kalten Tagen zu sammeln um das Überleben zu sichern. Nebaj liegt auf etwas über 1600m über dem Meer und so kann es in der Nacht sehr kalt werden, aber auch am Tag bei Sonnenschein sehr warm.
Mit dem Microbus und mehreren (Für einen Minibus eigentlich zu vielen) Guatemalteken machten wir uns am morgen früh auf zur ersten Etappe nach Nebaj. Kristin war auch mit von der Partie, denn sie wollte auch nach Nebaj und so war unser Ziel, dort zusammen ein paar Wanderungen zu machen. Nebaj ist wegen der hügligen und schönen Umgebung das Wanderparadies in Guatemala. Bereits nach einer Stunde war aber auf der Holperstrasse kein Durchkommen mehr. In der Regenzeit kommt es in den steilen Hänge oft von Erdrutschen, welche am Morgen die Strasse nach Nebaj verschüttete. So mussten wir alles Gepäck abladen und einige hundert Meter tragen, wo der nächste Microbus wartete. Nach einigen Etappen und nach 5h Fahrt (für 114km) sind wir dann heil in Nebaj angekommen.
Nebaj
In Nebaj haben wir für eine Woche eine Sprachschule mit Gastfamilie gebucht um uns das Spanisch für die weitere Reise in Zentralamerika anzueignen. Trotz Spanischkurs in der Schweiz und Aufenthalt in Südamerika sind meine Spanischkenntnisse sehr schlecht. Eine Konversation auf spanisch gestaltete sich als Schwierig und Chrige hatte noch keine einzige Erfahrung in dieser Sprache. So waren wir sehr gespannt was uns erwartete.
Die Gastfamilie hat uns dann am späteren Nachmittag sehr herzlich empfangen. Diese lebt im Herzen Nebajs in einem kleinen Haus. Das Haus ist zwar einfach eingerichtet, jedoch haben wir ein eigenes kleines Zimmer mit Bett. Auch in diesem Haus wird noch mit einem Holzofen geheizt und Tortillas gekocht, jedoch haben sie bereits einen einfachen Gasherd. Duschen sollte man, sofern man gerne etwas warmes Wasser hat, in den Stunden wo sonst in der Stadt keine Elektrizität gebraucht wird. Die Elektrodusche hat sonst nicht genug Leistung um warmes Wasser zu produzieren, der Strom ist hier eben eine Mangelware und das Netz schwank sehr und hat viele Ausfälle. Eigentlich ist dies für uns nicht weiter schlimm, es zeigt uns einfach einmal mehr, in was für Verhältnisse wir in der Schweiz leben dürfen.
Vor dem ersten Schultag machten wir uns mit Kristin, die sich zu unserem Glück auch bei der Gastfamilie unterbringen konnte, auf zu einer Wanderung von Nebaj nach Acul. Acul ist ein Dorf in einer Umgebung, welche Ähnlichkeit zur Schweiz aufweist. Hohe Hügel umringen das Dorf und die saftigen Matten werden von Kühen bewirtschafte, dessen Milch in der bekannten Käserei der Hacienda San Antonio verarbeitet wird, welches etwas ausserhalb des Dorfes liegt. Die Käserei wurde von zwei Italienern gegründet und produziert einen gereiften Käse, welcher sich von dem sonst üblichen weissen Frischkäse sehr unterschiedet. Leider hatte die Käserei wegen des Marktes in Nebaj geschlossen, wir wurden aber dennoch von der Hausangestellten in einem Hinterzimmer mit Tortillas mit geschmolzenem Käse bewirtet.
Hügel über Acul
Am nächsten Tag am Montag waren dann die ersten Schulstunden. Der Lehrer Domingo war dann wie üblich hier im Land, etwas zu spät. Zu unserer Überraschung ist das Schulzimmer ein auf einem Haus aufgebauter Holzverschlag, welche aber einen wunderbaren Blick über die Stadt hat. Zu unsere weiteren Überraschung hat der Lehrer Ixil als seine Muttersprache (Wie 85-95% in der Umgebung) und konnte kein Englisch. So wurde unsere ersten Stunde zu einem harten Frontalunterricht mit Handzeichen, Gesten und meinem wenigen Spanisch um uns zu verständigen. Das Schul- und Lehrsystem hier zeigte seine Facetten. Ein logischer Einstieg in die Sprache oder ein klarer Aufbau war nicht anzutreffen. Dies zeigte einmal mehr, das wir in der Schweiz ein sehr fortschrittliches Bildungssystem haben. Für uns war es dann das Zeichen, dass wir nicht nur von den 20h Sprachschule leben konnten. So machten wir pro Tag bis spät Abends zusätzlich mehrere Stunden Selbststudium mit Handy-Übersetzter und Kristin’s Hilfe. Auch die Gastfamilie half uns die nötigen Wörter und Sätze beizubringen.
Unsere Sprachschule
Nach der Schule hatten wir uns mit Kristin zu einer Wanderung zu einem kleinen Wasserfall in der nähe von Rio Acul verabredet. Trotz Reiseführer konnten wir diesen im ersten Anlauf nicht finden. Auf dem Wege trafen wir dann den ansässigen Bauern, welche sich bereit erklärte uns zum Wasserfall zu führen. Stolz zeigte er uns auf dem Weg seine Kühe und das stark abschüssige Gelände. Kurz vor dem Zeil mussten wir ein Fluss und einen Wald durchqueren. Der Bauer machte mit seiner Machete für uns den Weg frei. Eine Machete ist hier wie für uns Schweizer das Taschenmesser. Die Meisten haben eine und tragen Sie am Gürtel befestigt um Holz zu fällen oder eben sich den Weg im dichten Wald frei zu machen. Der Wasserfall war dann ein kleines Bijou in mitten eines Waldes. Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass wir wohl beim falschen Wasserfall waren und der Reiseführer einen Fehler hatte.
Strassenszene in Rio Acul
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Bauer[/one_half_first]
Am nächsten Tag unternahmen wir dann mit dem Lehrer eine mehrstündige Wanderung zum Dorf Cocop, welches etwas ausserhalb von Nebaj liegt. Scheinbar konnten wir in den 20h Sprachschule anstatt nur Klassenunterricht zu haben uns mit dem Lehrer auf Wanderung begeben. Leider war der Lehrer während den 7h nicht sehr kommunikativ und hatte fast ausschliesslich mit Kristin geredet, was mir ein bisschen sauer aufgestossen ist. Jedoch war die Wanderung wunderschön und die Einkehr bei einer Einheimischen Frau in ihrer Hütte ein Erlebnis.
Cocop
Traditionelle Küche
Am nächsten Tag haben Kristin verabschiedet, sie reist nun weiter nach Antigua und wir bleiben noch bis am Freitag in Nebaj. Die Stunden hier vergehen wie im Flug und unser Spanisch wir nach und nach besser. Zu unserem Glück konnten wir noch kurzfristig eine Tour nach Todos Santos buchen von wo wir dann die bekannte mehrtägige Wanderung von Todos Santos nach Nebaj machen. Am 1. November ist in Zentralamerika der Tag der Heiligen und am Tag darauf der Tag der Toten (Dias de los muertos), welche ausgiebig gefeiert werden. Scheinbar soll vor allem das Fest in Todos Santos am 1.11 eine Reise Wert sein. Auch hier in Nebaj sind alle dabei sich auf das Fest vorzubereiten. Die Gräber, welche meist aus einem kleinen Häuschen bestehen, werden zum Feste frische gestrichen. Wer nur Geld für ein Grabkreuz hatte, jätet das Grabfeld und stellt frische Blumen hin.
Friedhof in Nebaj
Todos Santos
Am frühen Morgen wurden wir von unserem Guide Nicolas abgeholt um den langen Weg nach Todos Santos in Angriff zu nehmen. Da es durch die Berge keine Verbindungsstrasse gibt, muss man mit verschiedenen Bussen einen grossen Umweg machen und unten durchfahren um nach Todos Santos zu gelangen. Am späteren Nachmittag kamen wir dann mit einem Chickenbus in Todos Santos an. Das Städtchen lag bereits in Partylaune, nur eines fehlte: Elektrizität. Wie immer bei schlechtem Wetter im Hochland, fällt der Strom aus… So machten wir uns direkt zu unserer Unterkunft, welche für die eine Nacht vor dem Feiertag entsprechend hohe Preise machte. Bei der Ankunft in der Hospedaje merkten wir, dass die Einheimischen auch ohne Elektrizität laute Musik mit der Marimba machen konnten und dies direkt vor unserem Mehrbettzimmer, welches sehr spartanisch eingerichtet war. An diesem Abend gingen wir bereits um 7 Uhr schlafen, da nichts mehr los war und wir uns für die langen Wanderungen ausruhen wollten.
Am nächsten Morgen ging es dann früh los. Zuerst Morgenessen (Poulet und Tortillas – wie üblich) und dann noch kurz die Feierlichkeiten schauen, bevor es los ging. Speziell bei der Feier in Todos Santos ist das Pferderennen. Die Reiter müssen dazu viel Bier trinken und dann beim Rennen möglichst lange im Sattel bleiben. Der letzte iM Sattel hat gewonnen… Bereits um 8 Uhr morgens kamen dieEersten sturz betrunkenen Reiter durch die Hauptgasse angeritten, meistens in Begleitung eines zweiten Reiters, der noch nüchtern war. Ich vermute, dass diese sonst das Festgelände nicht gefunden hätten. Was uns sehr überraschte war, dass vor allem die Männer trachten angezogen hatten. Karrierte Hosen und Hemd, kombiniert mit einem Hut oder die moderne Variante mit einem Baseball-Cap.
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Morgens in Todos Santos[/one_half_first]
Betrunkener Reiter auf dem Weg zum Wettkampf
Betrunkene Reiter auf dem Weg zum Wettkampf
Ab dem Mittag war dann das Wetter wie erwartet nicht mehr so schön und so machten wir die erste Wanderung zwischen Nebel und Sonnenschein. Dabei muss man beachten, dass die Wanderungen von Todos Santos nach Nebaj auf etwa 3’000-3’800 Meter über Meer sind und dann die Wolken direkt über dem Boden liegen und so noch zusätzlich Nässe und Kälte mit sich bringen. Die erste Wanderung beinhaltete den Aussichtspunkt La Torre (3’837 m.ü.M), von wo man die ersten Vulkane aus der Ferne beobachten konnte, welche durch die Wolkendecke stiessen. An einem schönen Tag könnte man bis zu 12 Vulkane sehen und man hätte die perfekte Weitsicht bis nach Antigua und zur mexikanischen Grenze.
Leider ohne diese Weitsicht machten wir noch eine Extrarunde steil abwärts in den Regionalpark „La Maceta“, welcher durch seine hohen und vielzähligen Bäume bekannt ist. Leider war dann die Wanderung nur noch im Nebel. Schlussendlich konnten wir nach 5.5 Stunden wandern, einen Microbus zur nächsten Übernachtung in La Capellania nehmen. Eigentlich haben wir gedacht, dass bereits die Übernachtung in Todos Santos mit seinen einfachen und unbequemen Betten speziell war, aber die zweite war noch spezieller. Da wir die Tour in umgekehrter Abfolge machten, waren auch die Übernachtungsmöglichkeiten nicht mehr exakt die Gleiche. So kam es, dass wohl der Guide hier improvisierte und seine Kontakte spielen lies (Er war dazu ab und zu mal am Telefon beschäftigt). Bei der Ankunft auf einem Gelände mit etwa fünf Häusern erfuhren wir, dass wir diese Nacht bei einer Familie verbringen würden. Besser gesagt, konnten wir in den drei Betten der 6-köpfigen Familie schlafen. Wo diese dann schliefen, haben wir nicht herausgefunden. Zuerst etwas geschockt über die Übernachtungsgelegenheit, machten wir uns im Schlafsaal bequem und bekamen das ds’Vieri mit Kaffe und einem Lebkuchenartigen Gebäck serviert. Der Kaffe war eher ein Zuckeraufguss, der Guide versicherte uns aber, dass das Getränk reiner guatemaltekischer Kaffe ohne Zusätze wie Kokain sei (Was das auch zu bedeuten hat…). Danach ging es raus um sich den vielzähligen Kindern und Erwachsenen vorzustellen. Hier muss angemerkt sein, dass die dortigen Guatemalteker noch nie einen Weissen aus naher Distanz gesehen hatten und uns wie üblich hier Gringos nannten. Der Grund dazu war, dass die Leute hier zwar die USA (Gringos) kennen, wenn man dann aber sagt, dass man aus der Schweiz kommt, ist dann Schluss mit Geographie. Auch die Erklärung mit Europa ist schwierig, da der Bildungsstand der Menschen sehr niedrig ist. Vielfach kämpfen die Leute hier ums Überleben, da ist Geographie dann auch sekundär. Nach und nach kamen dann immer mehr Kinder aus der Umgebung uns begutachten. Wir bemerkten schnell dass wir in einer sehr armen Umgebung sind, da die meisten Kinder erkältet und stark rote Backen hatten, ein Zeichen von häufiger Kälte. Einige fuhren Christine mit den Fingern durch die blonden Haare und konnten fast nicht glauben das diese echt sind. Als dann jemand mit einem Fussball vorbei kam, wurden wir zu einer Runde Fussball auf dem Acker vor dem Haus eingeladen. Unzählige Kinder hatten dann wahnsinnig Spass mit uns zu spielen und etwas aus ihrem harten Alltag auszubrechen. Es wurde gelacht, gekickt, gelaufen und Tore gemacht. Nach Fussball kam dann natürlich noch Räuber und Polizist und auch wir fühlten uns wiedermal wie kleine Kinder. Es war eine super Erfahrung und alle Kinder waren begeistert von uns und halfen uns auch etwas unser Spanisch aufzubessern (Kinder sprechen viel einfacher als Erwachsene). Als es dann Nacht wurde, gingen wir mit den Kindern zurück zum Haus, da die Kinder müde wurden und schlotterten. Die meisten Kindern hatten nur einen Pullover, ein Jupe ohne Strumpfhosen oder sonst sehr dünne Kleider an, was hier aus Geldmangel normal ist. Wir hatten aber in unseren Thermokleidern mit Kappen und Handschuhen in einer Höhe über 3’000 m.ü.M (im Winter) schon sehr kalt. Dies war sicher eine der prägendsten Erinnerung in Guatemala und wir werden noch lange an das Fussballspiel mit den Kids zurückdenken.
Am nächsten Tag ging es dann um 7:30 Uhr früh los, um die längste Tages-Etappe zur nächsten Übernachtungsmöglichkeit in Palop zu machen. Gemäss Guide war es eine 8-stündige Wanderung (Vorsicht: Lateinamerikanische Zeitangabe!). Da der Ausgangspunkt nicht wie üblich war und die Route in umgekehrter Abfolge, konnten wir auch nichts mit der Wegbeschreibung des Touren-Anbieters anfangen. Die ersten drei Stunden wanderten wir über einen Feldweg weiter hinein in die Berge, die Landschaft war ähnlich wie im Jura in der Schweiz. Es hatte sehr viele Steine, Steinmauern und offene Partien welche sich mit Bäumen und Wäldern abwechselten.
Schafherde
Kornfeld
Agave
Unterdessen war das Wetter sehr abwechslungsreich, es erinnerte uns sehr an Schottland. Auch die Umgebung verwandelte sich mehr und mehr wie in Schottland, grüne und ockere Töne prägten die Umgebung welche meist mit Nebel durchzogen war. Nach etwa 6 Stunden bogen wir dann ab in ein weiteres Seitental. Gemäss unserer Recherche haben wir bei diesem Wegmarker bereits 24km zurück gelegt. Auf die Frage wie weite es geht, kamen dann unterschiedliche Antworten, einfach keine Genauen auf unsere Fragen. mehr oder wenig Fit tschumpelten wir dann weiter, das Wetter war dann auch ein bisschen besser und somit akzeptierten wir das Weitergehen.
Siedlung im Hochland
Bauernhof im Hochland
Siedlung im Hochland
Baum an der Strasse
Als die 8 Stunden dann um waren und wir immer noch kein Ziel in Sichtweite sahen wurden wir langsam misstrauisch, auch unsere Füsse sperrten sich immer mehr. Als es dann hiess, wir seien um spätestens 17:00 Uhr im Dorf Palop, waren wir mit der Antwort zufrieden und nahmen die letzte Stunde in Angriff. Als wir dann um 17:00 Uhr erst den Bergpass erreichten und noch kein Dorf sahen wurden wir etwas misstrauisch. Unser Geist hat sich nach den Füssen dann auch verabschiedet und wir tschumpelten wie Zombies Richtung Tal. Nur der Guide sammelte Munter Pflanzen mit seiner Machete um diese Zuhause im Garten anzusetzen. Die Dämmerung setze ein und wir sahen dann von weitem das Dorf. Nach sagenhaften 10.5 Stunden erreichten wir Palop. Die 40km und etwas mehr als 500 Höhenmeter haben uns so zugesetzt, dass wir noch fast beim Nachtessen (Natürlich Poulet und Tortillas ;-)) im Hocken einschliefen. Das Bett in der Hospedaje war aber sehr bequem und so fanden wir schlussendlich rasch den gesunden und benötigten Schlaf.
Die Sonne begrüsste den nächsten Tag, es war herrlich schönes Wetter, ideal zum Wandern der letzten Etappe die etwa drei Stunden bergab zum nächsten Dorf mit Weg- und somit Verkehrsanbindung führte. Nach einer kurzen Stärkung durch ein Maisaufguss ging es dann auf die Suche nach einem Microbus. Da alle bereits voll waren (Voll bedeutet hier, die Türe geht nicht mehr zu und die letzten hängen zur Seitentür heraus…). So kam es, dass wir stehend auf der Ladefläche eines Pickups auf einem Feldweg Richtung Nebaj rasten. Anstatt die normalen 2 Stunden mittels Microbus benötigten wir nur eine Stunde, meine Beine und Armen waren dann durch das ausbalancieren halb taub. Heil in Nebaj angekommen verabschiedeten wir uns von unserm Guide und gingen am Abend die wohlverdiente Pizza essen, die sehr lecker war.
Nebel am Morgen
Frau mit Kind
Nun geht es weiter nach Lago de Atitlan und Antigua zum Vulkan-Trekking. Ihr werdet von uns hören…