Diesen Plan hatte ich schon lange, die Milchstrasse mit dem Matterhorn von einer eher unbekannten Seite abzulichten. Jedoch war ich mir nie ganz so bewusst, ob es klappen wird. Für das Vorhaben untersuche ich diverse Kanäle um herauszufinden, ob der Platz bereits gefahrlos zugänglich ist. Es scheint als ob die Schneefelder dank der letzten warmen Tage stark zurück gegangen sind. So packe ich meine Sachen und fahre nach dem Mittag nach Zermatt.
Die Fahrt ist ruhig, fast keine Personen reisen um diese Tageszeit ins Mattertal. Am Endbahnhof angekommen besorge ich mir noch ein paar Kleinigkeiten und ziehe los. Es geht steil hoch, die Sonne scheint noch an den Hang und es ist bereits warm und staubtrocken. Ich nehme es gemütlich, denn ich habe fast tausend Höhenmeter vor mir. Unterwegs kreuzen mich junge Steinböcke und immer wieder ein paar neugierige Murmeltiere. Das viele Schmelzwasser lässt die Bäche tosend über die Klippen stürzen, der Bergfrühling hat hier oben erst begonnen. Am Boden zeigen sich nach dem Schnee die ersten Blumen, wie zum Beispiel die Küchenschelle. Nach zwei Stunden erreiche ich den Schlusshang, der steil nach oben führt. Fast vierhundert Höhenmeter auf kurzer Strecke. Nun sehe ich die ersten Schneefelder, leider weiter unten als erwartet. Der Hang hat auf der Schattenseite noch ordentlich Schnee, genau dort führt der eigentliche Wanderweg durch. Jetzt heisst es entscheiden, umkehren oder eine alternative Route suchen. Das Gelände liegt direkt im Gegenlicht, mit Müh und Not kann ich das Gelände absuchen und stufe es als recht sicher ein. Zwar ist das Gras noch ein wenig feucht und rutschig, der Schnee ist hier erst die letzten Tage geschmolzen. Aber es hat genug steiniges Gelände, wo ich eine sichere Aufstiegsroute finde. Ich kämpfe mich Schritt für Schritt nach oben.
Als das Gelände langsam flacher wird, erkenne ich, das auf dem Plateau noch ordentlich Schnee liegt – meine Gamaschen habe ich leider zuhause vergessen. So wage ich Schritt für Schritt über den Schnee. Mit dem schweren Rucksack sinke ich zum Teil bis zur Hüfte ein und komme nur mit viel Kraftaufwand vorwärts. Als gar nichts mehr geht, robbe ich über das Schneefeld um die Last besser zu verteilen und ziehe den Rücksack neben mir her. Eine Gämse auf einem Felsvorsprung beobachtet die Szene – was die wohl denkt? Ich erspähe eine kleine Felsinsel im Schneefeld. Hier schlage ich mein Biwak auf. Die Schuhe sind wegen dem eingedrungenen Schnee völlig durchnässt, ich stelle sie noch an die letzten Sonnenstrahlen zum Trocknen. Auf dem Campingkocher bereite ich kurz mein Nachtessen zu, bevor ich mich dem Fotografieren zuwende. Die angekündigten Schleierwolken versprechen ein farbefroher Sonnenuntergang. Zuerst verschwindet die Sonne zwar noch hinter einem Wolkenfeld, dann aber kurz vor dem Sonnenuntergang leuchtet sie die Umgebung noch Mal aus. Die Nordflanke des Matterhorn wird dabei im roten Abendlich schön angeleuchtet.
Nun lege ich mich schlafen und stelle den Wecker auf zwei Uhr. Ab diesem Zeitpunkt erscheint die Milchstrasse über dem kleinen Matterhorn. Ich werde vom Wecker aus dem Schlaf gerissen, um mich herum ist es stockdunkel und sternenklar. Von blossem Auge erkenne ich die Milchstrasse, exakt am geplanten Ort. Nun stelle ich die Kamera auf den gewünschten Modus ein. Heute habe ich mein 14mm/F1.8 Objektiv und das 24-70mm/f2.8 Objektiv für die Aufnahmen dabei. Das Zweite teste ich zum ersten Mal für die Milchstrassen-Aufnahmen und bin recht überzeugt davon. Zwar muss ich die Verschlusszeit etwas zurück nehmen um nicht verwischte Sternen zu bekommen, aber die Qualität der Vorschaubilder überzeugt mich. Etwas nach drei Uhr beginnt die Morgendämmerung und die Sichtbarkeit der Sterne nimmt ab. Jetzt ist nochmals genügend Zeit um mich hinzulegen, bevor die blaue Stunde wieder gutes Morgenlicht bringt.
Der nächste Wecker geht um fünf Uhr, gerade gegen Ende der blauen Stunde. Zwar noch schlafgetrunken, aber voll motiviert beginne ich wieder mit fotografieren. Nach und nach erreicht das erste Licht die umliegenden Viertausender, ein wunderschöner Morgen beginnt. Nach einem kurzen Kaffee packe ich die Sachen und mache mich auf den Rückweg. Zu meinem Vorteil nutze ich meine Spuren vom Vortag um schneller durch den Schnee zu kommen. Die Schuhe sind aber immer noch pflotschnass, zum Glück habe ich ein paar Plastiksäcke dabei. Der Abstieg ist für meine Beine strapazierend (Der Muskelkater kam am nächsten Tag – und was für einer!). Im Dorf angekommen, gehe ich erst mal zum Bäcker einkaufen und ab auf den Zug. Zwar ist dieser völlig überfüllt, ich schwelge aber immer noch in den Momenten, alleine dort oben. Ein wunderbarer Ausflug geht zu Ende. Hier die Fotos dazu:
Das Matterhorn im Abendlicht
Die Milchstrasse über dem Matterhorn
Blaue Stunde vor dem Sonnenaufgang
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