Im Tessin ist ein kleines Paradies versteckt. Schon oft habe ich davon geträumt, am Ufer die vielen Wollgräser zu bestaunen. Den langen Weg schreckte mich aber immer wieder ab und Zeit müsste man auch noch haben.
Zu zweit ist die Reise immer schöner und so fahren wir mit den voll bepackten Rucksäcken ins Tessin. Das Wetter ist wie diesen Sommer üblich sehr schön und warm. So gönnen wir uns im schönen Tal eine wohltuende Abkühlung unter einem hohen Wasserfall. Oh tut das gut – Erfrischung pur.
Der Fahrweg wir immer schmaler und die Strecke zieht sich seitlich des Tals hoch. Erst als der Weg steinig und mühsam wird, steigen wir auf Trekking um. Über Stock und Stein geht es hoch und dann kommt die Stelle, von der mir gewarnt wurde – den Abstieg im Hang durch das felsige Gebiet. Aus dem Nichts taucht neben uns ein Steinbock auf und ist so schnell weg, wie wie er gekommen ist. Wir tasten uns nach und nach weiter nach unten und erreichen einen alten Wanderweg. Dieser wird uns hoffentlich auf dem Rückweg nach oben führen.
Von weitem erspähen wir den weissen Wollgras-Teppich auf dem Sumpf. Wir sind noch etwas früh unterwegs und so sind noch nicht alle Wollgräser so weit. Etwa ein Drittel ist aber bereits mit dem weissen Wollschopf bedeckt. Ich habe nur kurz zeit, und fange mit der Kamera die letzten Sonnenstrahlen ein. Das Zelt ist dann schnell gestellt und das Nachtessen habe ich bereits zuhause vorgekocht. Nach einer kurzen Zubereitung geniessen wir das dampfende Chili sin Carne. Der frisch gehackte Koriander bedeckt das scharfe Gericht. Nach einem Schokoladen Dessert fotografiere ich bis es dunkel wird. Nun muss ich auch mal ins warme Bett. Die Nächte im Sommer sind kurz und ich möchte zum Sonnenaufgang wieder draussen sein.
Noch bevor die Dunkelheit dem Tag weicht, bin ich wieder draussen. Barfuss stehe ich am Rande des Sumpfes im eiskalten Wasser und warte auf die Dämmerung und das erste Licht. Nach unzähligen Minuten scheint die Sonne über den Sumpf und meine Füsse sind etwas unterkühlt. Die Taubheit unterdrückt die Schmerzen. Ich trocken meine Füsse in der Morgensonne und lasse die Wärme in mich herein. Genau dieses Gefühl hier draussen reizt mich immer wieder. Die Einfachheit, die Stille und die Schönheit.
Die kurzen Hosen sind dank der Wärme wieder angezogen und hoch geht es über den gestern entdeckten Wanderweg. Dieser führt uns sicher um die hohen Felswände rauf auf den Grat. Von weitem sehen wir die Autos unten auf dem Parkplatz. Der Zufall will es, dass Lukas (www.lukas-moesch.ch) und Verena heute auf dieselbe Tour gehen und gerade beim Auto los laufen. Ein kurzer Schwatz und wir wollen weiter – ein langer Heimweg steht an.