Die Stirnlampe erleuchtet mir den Weg im Dunkeln, während der Schnee bei jedem Schritt unter den Schneeschuhen knirscht. Es ist noch früh am Morgen, und das Thermometer am Parkplatz zeigt -5°C an, als ich die wohlige Wärme verlasse. Mein Ziel: eingeschneite Bäume, wie man sie aus dem hohen Norden kennt. Was mich dort oben erwartet, bleibt ungewiss.
Mühsam erklimme ich den Hang, kämpfe mich durch mehrere hundert Höhenmeter. Die Magen-Darm-Grippe der letzten Woche macht sich bemerkbar, meine Muskeln fühlen sich schlapp an, und ich drossle mein Tempo. Endlich erreiche ich das baumlose Gebiet nahe dem Gipfel. Von hier aus steuere ich in Richtung Westen auf den ausgewählten Grat zu. Die Dämmerung bricht bereits an, und ich muss mich beeilen. Das Wildschutzgebiet und die Wildruhezonen schreiben vor, wo ich mich bewegen darf, um Stress oder Flucht der Tiere zu verhindern (https://natur-freizeit.ch/wildtiere-im-winter).
Je näher ich dem Grat komme, desto intensiver pfeift mir der eisige Wind um die Ohren. Nebel und Wind formen die vereisten Bäume, aber heute Morgen ist der Wind so stark, dass auf der windzugewandten Seite die meisten Bäume bereits kahl sind. Das schränkt meine Motivsuche erheblich ein. Der Stress steigt, das Licht wird bald da sein, und ich habe weder ein Motiv noch eine Vorstellung, was mich weiter westwärts erwartet. Hinter der nächsten Tanne erhoffe ich mir eine Lichtung – erneut Fehlanzeige. Ich setze meinen Weg fort, eile durch den Triebschnee, während meine Muskeln brennen und Krämpfe sich breit machen. Doch als das Gelände leicht abfällt, eröffnet sich die Landschaft, und es gibt sogar einige gute Motive. Hier versuche ich mein Glück.
Die Bäume schwanken im Wind, anfangs ist es schwer, ein scharfes Bild zu bekommen, da die Belichtung noch zu lange dauert. Doch fast am Ende der blauen Stunde habe ich eine ausreichend kurze Belichtungszeit und einige windstille Zeitfenster. Nur wenige Äste bewegen sich im Wind, und ich bin ziemlich zufrieden.
Der Rückweg gestaltet sich mühsam, das schräg abfallende Gelände macht die Fortbewegung einseitig, und meine Muskeln sind erschöpft. Eine Stunde später erreiche ich mein Auto, über mir liegt eine Nebeldecke, es ist kalt und grau. Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.
Leave a reply