In einem abgelegenen Tal im Berner Oberland liegt eine Alp mit zahlreichen alten Ahornbäumen. Mitte Herbst verfärben sich ihre Blätter goldgelb, und durchs Tal hallt das Röhren der Hirsche. Ich bin heute früh mit dem Auto unterwegs und habe genügend Zeit eingeplant.
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich das letzte Mal hier oben war. Heute möchte ich einen Zeitraffer aufnehmen. Geplant ist eine Kamerafahrt entlang eines Baumstamms, mit einem Sonnenstern am Horizont und vielen goldenen Bäumen im Bildausschnitt. Aus meiner Erfahrung der letzten Jahre weiss ich, dass die Positionierung der Kamera viel Zeit beansprucht – darum bin ich früh dran. Auf der schmalen Strasse nach oben begegne ich vielen Autos. Beim Postauto muss ich sogar ein Stück rückwärtsfahren. Endlich angekommen: Der Himmel ist blau, keine einzige Wolke in Sicht. Perfektes Wetter – voller Motivation mache ich mich auf den Weg.
Kurz darauf geht es steil bergauf zu den Bäumen. Die meisten Blätter leuchten in kräftigem Gelb, vereinzelt sind noch grünliche dabei. Kein Problem – die tiefstehende Sonne lässt selbst das Grün golden erscheinen. Wie erwartet dauert es eine Weile, bis das Equipment korrekt aufgebaut und ausgerichtet ist. Für die perfekte Kamerafahrt bleiben nur kurze Zeitfenster. Nach der dritten zwanzigminütigen Aufnahmesequenz bin ich zufrieden – die Sonne verschwindet langsam hinter dem Wald. Ich gehe noch ein Stück weiter talwärts und mache einige Fotoaufnahmen. Die Zeit ist gut eingeteilt, also mache ich mich auf den Rückweg zum Auto. Ich will noch kurz eine nahegelegene Schlucht besuchen.
Es ist bereits Abend, und ich bin allein auf dem Parkplatz. Den Einstieg zur Schlucht muss ich erst suchen. Unten angekommen ziehe ich die Schuhe aus und wate barfuss durch das kalte Wasser, bis ich eine schöne Stelle finde. Immer wieder spritzt Wasser ans Objektiv – ich bin ständig am Reinigen. Als das letzte Licht auf die Berge oberhalb der Schlucht fällt, mache ich das letzte Foto.
Ein wunderschöner Tag geht zu Ende. Jetzt geht’s heimwärts.
